Der einen coolen Namen tragende Vulkan auf Island

Da ich Vulkanismus und komplizierte Namen gleichwohl sehr interessant finde, schreib ich hier mal über was Wissenschaftliches; kein Garant, wie es rauskommt.

Seit einigen Tagen tobt auf Island der „grässliche“ Vulkan, der fast den gesamten Flugverkehr lahmlegt und stinkt und eine Naturkatastrophe ist. Tote resp. Verunglückte durch diesen erneuten Zuschlag der Natur gabs bisher, soweit ich weiss, keine.

Eyjafjallajökull

Erstmal zum Namen. Das Spassige ist ja, dass man in den Medien effektiv praktisch nur über den „Vulkan auf Island“, die „gigantische Aschewolke“ oder vom „Vulkan E.“ (Nachtrag: Der Blick schreibt, wie ich heute in der Volg gesehen habe, „Höllenwolke“!) spricht. Und wenn mal ein Name steht, dann oft im Kontext „Der Ausbruch des Eyjafjallajökull“ – aber wie verkehrt! Das erste Problem ist mal, dass 700 Millionen – 300.000 (Isländer) = 699.700.000 Leute in Europa, die kein Isländisch können, nicht wissen, dass Jökull zu Deutsch schlicht „Gletscher“ heisst. Und da der Gletscher nicht eine Eruption tut, kann auch nicht die Rede von „Der Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010“ sein. Vielmehr ist dies ja der Gletscher, unter dem der Vulkanberg liegt. (Ein „subglazialer Vulkan“, mehr dazu weiter unten) und ein Geltscher kann ja bekanntlich nicht wirklich „ausbrechen“ (höchstens erbrechen?).

Zur weiteren Etymologie: Der Vulkan selbst hat eigentlich weniger einen Namen, eher ist es einfach der Berg, der einen Namen trägt. Eyja bedeutet simplerweise „Insel“ und steht sogar im Nominativ (genau, es gibt auch Kasus im Isländischen). Des weiteren heisst fjalla (Genitiv resp. ist möglicherweise ein Infix zu einer Art Assimilation) resp. fjall (Nominativ) Berg, so heisst der Mount Everest bei den Isländern halt „Everestfjall“ und ist 8850 „metrar“ hoch. Jökull zum Schluss heisst wie gesagt Gletscher.

Die Aussprache ist noch etwas vertrackter, ich habe in den Nachrichten bis heute noch keinen gehört, den Namen aussprechen. Wenn, dann vermutlich mit „deutscher“ Aussprache. Die Phonetik bei den Isländern ist nämlich ganz verrückt. Wenn sie ein doppel-l haben, wird der Laut, sofern es kein importiertes Fremdwort ist, zu einem explosiven Laut, das heisst man spricht es etwa wie ein <dl> oder <tl> aus. Vom <u> gibt es auch mehrere, nämlich ein <u> und ein <ú>. Das akzentuierte ist ein u wie in „Gutenachtgeschichte“, das andere ein deutsches <ü>.

<Eyjafjatlajökütl>

danke, lieber Nachrichtensprecher von heute Abend, bereite dich vor :-)

(Nachtrag 2: Im Japanischen (und im Russischen (und einigen anderen Sprachen)), die die ausländischen Wörter 1:1 phonetisch wiedergeben, sieht man recht gut, was gemeint ist: エ(e)イ(i)ヤ(ya)フィ(fi)ヤ(ya)ット(tto)ラ(ra/la)ヨー(yoo)ク(ku)ト(to)ル(ru/lu), EIYAFIYATTLAYOOKUTOLU -> EIYAFIYATTLAYOKUTL. Mal die überflüssigen Konsonanten und Vokale weggelassen erkennt man die tl’s recht gut. Das u/ü-Problem konnte aber auch nicht befriedigend gelöst werden.)

Funktionsweise

Was ist ein Hotspot? Erstmal eine kleine Einführung in die Plattentektonik. Die Eurasische Platte (Europa und der grösste Teil von Russland) divergiert zur Nordamerikanischen Platte, das heisst, sie driften auseinander. So entsteht ein Spalt, bei dem Magma an die Oberfläche dringen kann und zu neuem „Boden“ wird. Es entsteht also neue Platte, wie am Fliessband. Der Vorgang heisst „Seafloor spreading“ und in unserem konkreten Fall entsteht der sogenannte „Mittelatlantische Rücken“ (das Bild kennt man in etwa).  An einer solchen Ritze im Gefüge der Platten hat es eine äusserst hohe vulkanische Aktivität, unter anderem auch eben diese Hotspots. Ein Hotspot ist eine heisse Quelle von Magma unter der Plattenschicht (Lithosphäre) und lässt sehr heisse Schmelze aufsteigen (je heisser, desto geringer die Dichte, desto besser steigt es auf). Die Platten können sich jetzt oberhalb weiterbewegen, der Hotspot bleibt allerdings fix. So entstehen Vulkane am laufenden Band.

Der Clou ist nun, dass Island der einzige grössere Ort ist, an dem der Mittelatlantische Rücken an die Oberfläche kommt und es einen Hotspot drunter hat.

Hotspot Grafik

Hotspot bei Hawaii. Quelle: http://oceanexplorer.noaa.gov/

Ein subglazialer Vulkan ist ein nicht so schwierig zu erklärendes Phänomen. Sub, unter, glazial, glacies, Glace, Eis. Der Vulkan liegt einfach unter einer dicken Eisschicht. Wenn nun Lava ausströmt schmilzt das Eis oben weg und es gibt eine Vertiefung. Irgendwann wird es immer dünner, kracht zusammen und wir haben den Salat. Denn das kalte Wasser des Eises und die Lava mögen sich nicht, zweiteres erstarrt schockartig, ersteres verdampft blitzschnell; dabei gibt es einen Knall und eine grosse Explosion, ein riesiger Haufen Asche und Gase werden rausgeschleudert und verstopfen gerne Flugzeugtriebwerke und behindern Atemwege. Das liegt in der Natur der Sache.

Eine Gefahr besteht aber weniger in der Eruption selbst, sondern aus dem Schmelzwasser. Denn in der Entstehungsphase der Eruption wird extrem viel Wasser geschmolzen und bleibt unter der Eisschicht. Irgendwann kommt eine grosse Masse aus Schlamm und Wasser und Asche und so raus und ist reichlich unlustig für Umstehenden respektive stürzt sich verhängnisvoll ins Vulkantale.

Des Weiteren ist ja der ganze Flugverkehr lahmgelegt, Asche kommt runter und Island verdient Geld mit den Touristen – das wäre dann eher ein Blogeintrag bei einem Wirtschaftsheini, der ich leider nicht bin. Was ich noch anmerken kann ist, dass die Gefahr wohl nicht ausgestanden ist, denn neben dem Eyjafjalla Vulkan liegt ein zweiter, grösserer, der Katla. In der Regel brach der Katla immer kurz (für geologische Zeiträume) nach dem Eyjafjalla aus. Nur, wie gesagt, ist dieser gefährlicher und es müssten diverse Dörfer evakuiert werden und das eingenommene Touristengeld ginge wieder flöten (haha, „flöten“). Termin Katla: 2010/2011. (Oder 2012 und er explodiert förmlich und zapft die gesamte Flüssigkeit im Erdinnern an und pumpt alles in die Atmosphäre und wir sterben alle daran und 2012 ist doch wahr (was ich natürlich nie in Frage stellen würde …)).

Ju, soweit so gut. Ich bin mal gespannt, wie es weiter geht mit der Asche.

Bis dahin, ferien-reiche Grüsse, geniessen Sie es ;-)

Akira.

Kurzes aber cooles Video:

und: wow
http://antwrp.gsfc.nasa.gov/apod/image/1004/icevolcano_fulle_big.jpg

7 Gedanken zu „Der einen coolen Namen tragende Vulkan auf Island

  1. Ayoka

    Schau mal hier nach:
    http://video.gmx.net/watch/7470129
    –> Während den ersten ca. fünf Sekunden spricht irgendein Nachrichtensprecher den Mordsnamen aus. Bin gespannt, ob ers richtig gemacht hat^^

    Interessanter Blog, auch wenns mich teilweise an Gg erinnert hat (Hotspot)^^
    Interessant wirds, wenn Vulkan E weiterhin Asche spukt – und nächste Woche solls ja nochmals schön Wetter sein.

    Lg, Ayoka

  2. Akira Artikelautor

    wow, dieser Nachrichtensprecher hat ja eine langweiligere Stimme als ein hustendes Toastbrot. Mysteriös. Und eine falsche Aussprache ebenfalls.
    Aber ich mach ihnen kein Vorwurf; aber die Isländer werden sich alle einen ablachen. Die Tagesschau heute packte es auch nicht … ;D

  3. feha

    Diesem Blog würde ich auch noch ein Etymologie-Studio-Tag gönnen. Durchaus informativ und ganz nett.

  4. Jenosse

    Aaah Stefan das war ein toller Blog.
    Mein Vater hat mir gestern noch etwas über diesen Vulkan erzählt, nämlich, dass durch die Verbindung mit Magma und Eis auch irgendwie Glas ensteht, dass dann in/mit der Asche unsere Lunge total in den Arsch (wie die Tschechen sagen würden) macht. Sie sozusagen löchert. Weisst du mehr darüber?

  5. Akira Artikelautor

    öhm, danke und, ich denke, ich weiss, was du resp. dein Vater meinst bzw. meint.
    Bei der Eruption kommt, wie ich bereits geschrieben habe, das Magma ja direkt in Kontakt mit dem Wasser des geschmolzenen jökulls (eben, der Gletscher ;)). Es kommt zu einer blitzartigen, ähm, „Kristallisation“ der Magma. Aber das passiert eben so schnell, dass es nicht direkt kristallisiert, sondern in einen „amorphen“ Haufen kommt. Amorph, unförmig, will heissen, dass die Moleküle und der ganze Quark nicht schön geordnet sind, sondern unförmig und durcheinander sind.
    Das berühmteste Beispiel ist der Bimsstein. Den kennt man ja vor allem daher, dass er auf Wasser schwimmt (möglicherweise hast du diesen Yellowstone Film, dieses pseudodokumentarische TV-Katastrophendrama, gesehen, dort wird das schön demonstriert). Das tut er, weil er halt so leicht ist und demnach auch schön schnell in die Lunge kommen kann und sie halt verstopfen resp. „in den Arsch“ tut.

    aber möglicherweise meinst du auch was anderes, haha, pardon ;D

  6. Lewis

    Böser Vulkan ;) Als ich den Namen in der Zeitung zum ersten mal gelsenen habe, habe ich sofort an dich gedacht – und voilà.
    Danke für die INformationen, was mich am meisten schockiert, sind die Auswirkungen, die so ein kleiner Vulkan schon hat. Man erinnere sich mal an den kalten Sommer (oder wie der auch immer geheissen hat).
    Schöne Ferien, ha, danke, ich muss jetzt arbeitzen gehen :( Muss deinen Blog nachher nochmals in Ruhe lesen.

  7. hindi

    Hey Stefan! Eine ganz tolle Sache, dieser Blog. Da habe ich auch nicht alles gewusst ;).

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>